Sie fragen sich vielleicht wie soll Osteopathie und Yoga vereint werden? Es sind doch zwei grundverschiedene Herangehensweisen. Die in den USA entstandene Osteopathie ist eine Heilkunst, bei der Patienten manuel behandelt werden. Yoga hingegen stammt aus Indien und wird aktiv als spirituelle Praxis betrieben. Ich will hier jedoch zeigen, dass trotz dieser völlig verschiedenen Ausgangspunkte, sich die Prinzipien der beiden Methoden in großen Teilen überschneiden. Wie ist das möglich?

Beide Methoden haben ein tiefes Verständnis grundlegender Funktionsweisen des Körpers. Möglicherweise haben die Entwickler der Methoden jeweils tief in den Körper hineingefühlt. Die Yogis in den eigenen Körper und die Osteopathen in ihre Patienten. D

Die Nervensysteme

Beide Methoden wirken auf das motorische sowie vegetative Nervensystem und die mit den jeweiligen Systemen verbundenen Organe. Bitte nicht vor diesen Ausdrücken zurückschrecken. Wie nähren uns beiden Nervensystemen ganz behutsam. Im ersten Teil dieser Serie beschäftigen wir uns mit dem motorischen oder willkürlichen Anteil. Die Erfolgsorgane sind unsere Muskeln wie der Bizeps, den wir so bewusst an- und entspannen können.

Muskelketten und Faszien

Sowohl Yoga als auch Osteopathie sind sich bewusst, dass funktionell das anspannen einzelner Muskeln fast unmöglich ist. Deswegen reden wir in der Osteopathie von Muskelketten und um eine Yogapose einzunehmen, verlangt es das bewusste an- und entspannen einer ganzen Reihe von Muskeln. Beim hinabschauenden Hund (Adhomukhashvanasana) wird

Die Einteilung in einzelne Muskeln hat didaktische Zwecke, die wie oben beschrieben funktionell aber auch anatomisch nichts mit der Realität zu tun hat. Jeder der nicht nur Anatomieatlanten gewälzt, sondern zudem Leichen präpariert hat weiß, dass Muskelsehnen, Bänder und Faszien fließend in einander übergehen. Unter Sehnen und Bänder können Sie sich sicherlich etwas vorstellen. Von Faszien haben Sie vielleicht auch bereits gehört. Falls Sie kein Vegetarier sind, haben Sie diese Muskelhaut beim Kochen schon häufig „freipräpariert“. Faszien sind

der dünne weißliche Film, der den Hühnerschenkel und alle anderen Muskeln ummanteln. Auf die selbe Weise wird der menschliche Körper von diesem Fasziennetzwerk umhüllt und durchdrungen. Sie verbinden nacheinander geschaltete Muskeln und ermöglichen das gleiten von nebeneinander liegenden muskulären Gegen- und Mitspielern.

Faszien-Fuzz

Die fasziale Gleitfähigkeit kann durch den so genannten „Fuzz“ eingeschränkt werden. Anatomieenthusiast Gil Hedley hat diesen nicht ganz wissenschaftlichen Begriff in seiner „Fuzz-Speech“ geprägt. Allen nicht allzu zartbesaiteten (es werden Leichnamen seziert) Interessenten, kann ich dieses englische Video wärmstens empfehlen: youtu.be/VCfclmGrjMk. „Fuzz“ sind dünne Verklebungen, die sich über Nacht zwischen den Faszien aufbauen. Wenn wir uns morgens bewegen und stecken, also unserer Yoga Praxis nachgehen, schmelzen wir diese Verklebungen. An Schwachstellen und durch längere Inaktivität, kann sich „Fuzz“ über Wochen und Monate aufbauen, was zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führt. Meist reicht Yoga um diesen alten „Fuzz“ zu schmelzen. Sehr starke Verklebungen können durch die Osteopathie gelöst werden um die Beweglichkeit wiederherzustellen und den Schmerz zu lindern.

Für mich ist es absolut faszinierend wie zwei Systeme, die völlig getrennt voneinander entwickelt wurden, die selben Mechanismen nutzen. Der Unterschied liegt allein in der Herangehensweise. Osteopathie funktioniert rezeptiv während Yoga aktiv betrieben wird. In ihrer Zusammenführung liegen tolle Möglichkeiten in der ganzheitlichen Selbstheilung.